Pflegespülung, Mundspülung, Motorspülung, Toilettenspülung und sogar eine Magenspülung - darunter kann sich jeder mehr oder weniger vorstellen. Mit der Lungenspülung verhält sich das schon ein bisschen anders. Die kommt nicht so häufig vor, oder wenn doch, spricht man offenbar nicht so gerne drüber, außer es handelt sich um gespülte bronchitisgemarterte Pferdelungen. Von letzteren ist das Internet voll, wenn es sich aber um eine menschliche Lunge handelt, scheint das was sehr geheimnisvolles zu sein.
"Der Eingriff tut nicht weh", erfährt man da. Klar, kein Wunder, man wird ja auch betäubt. Und danach? Darüber erfährt man nichts außer "etwas Heiserkeit ist möglich" oder "Mein Vater hat nach vier Wochen immer noch starke Schmerzen".
"Machen Sie sich mal keine Sorgen, das ist ein Routineeingriff, das machen wir hier andauernd."
Na schön. Ich aber nicht. Ich habe noch keine Erfahrungen.
Was wird da eigentlich gemacht?
Die Patientenaufklärungstexte helfen da auch nicht wirklich weiter und erklären hauptsächlich das, was hoffentlich NICHT passiert – bis hin zum Tod, aber das, was passiert, ist ziemlich sparsam und wird in seiner Knappheit von der nebenstehenden Illustration verdeutlicht. Ob das fiesgelbe in der abgebildeten Bronchie die vereinfachte schematische Darstellung eines erwarteten Fundstücks ist oder die Farbe der Spülflüssigkeit, erfährt man natürlich nicht. Mindestens genauso schematisch ist der medizinstudentische Versuch, ein Herz zwischen die Lungenflügel zu kritzeln.
Der Hinweis, dass es sich um eine "sterile Flüssigkeit" handelt, halte ich für überflüssig, weil selbstverständlich. Und dann? Wird die ganze Lunge unter Wasser gesetzt?
Wer atmet dann für mich?
Kriegt man ein paar künstliche Kiemen?
"Nein, Sie kommen an keine Herz-Lungenmaschine, - wer sagt denn sowas?"
Bis jetzt niemand. Aber wie funktioniert das dann?
"Bei Ihnen ist doch gar keine Spülung vorgesehen. Nur ein bisschen vielleicht, das müssen wir dann mal sehen."
Das wird spannend. Nur werde ich von der Entscheidungsfindung Dank eines wirkungsvollen intravenösen Cocktails nichts mitkriegen.
"Sie bekommen einen Schlauch in den Hals für die Bronchoskopie und an die Nase einen Schlauch für den Sauerstoff." Die Lunge darf also während des Eingriffs ganz normal weiteratmen. Meine Phantasie wirft zwar tausend Bilder pro Sekunde aus, versagt aber bei der richtigen Auswahl.
Also kurz gesagt: es wird Miniaturwerkzeug, so eine Art Schweizer Taschenmesser in die Luftröhre und dann weiter in die Bronchien eingefädelt. Das Hauptwerkzeug ist die Kamera und je nach dem, was diese entdeckt, wird weiterer mikroskopisch kleiner Fitzelkram durch den gleichen Schlauch gefädelt, bzw. ist schon gleich an die Kamera mit angebaut. Ein kleines Knipserchen für eine Gewebeprobe, ein winzigkleines Bürstchen oder auch ein kleines Salzwasserpümpchen für ein kleines Bad in einer kleinen Bronchie. Das unangenehmste ist gar nicht das Gefummel in den Eingeweiden, sondern vorher das Betäubungsspray im Rachen, das den Hals auf einen Schlag in einen gefühlten Elefantenfuß verwandelt, der des Schluckens unfähig ist.
Letzteres wäre – genau betrachtet – auch sehr untypisch für Elefantenfüße. Um so erstaunlicher scheint es, dass man ziemlich normal weitersprechen kann.
Und dann?
Als letztes sehe ich noch das grüne (oder blaue?) Mundstück für die Schlauchführung vor mir schweben und zack, - schon bin ich wieder aufgewacht.
Ohne Halsbeschwerden.
Ab nun heißt es geduldig, also paziente sein und möglichst das Zimmer nicht verlassen, denn es könnte ja sein, dass doch noch mal ein Arzt eine Visite machen möchte. Diese Illusion verflog mit der Zeit immer mehr, aber nach drei Tagen haben sie dann wenigstens endlich das Mikroskop gefunden, die Störfaktoren in den Pröbchen durchgezählt und klassifiziert und sich um eine Auswertung bemüht. Bis dahin kassieren sie fröhlich meine Tagesmiete und legen noch einen Tag drauf, weil die Ergebnisse ja nun auch noch mal abgetippt werden müssen...
Zwischendurch kommt eine knappe Mittteilung über meine Entlassung. Dass ich zwei und nicht nur eine Krankheit habe, erfahre ich zufällig durch ungeschicktes Nachfragen.
Aber keine Sorge, es ist nichts ansteckendes dabei.
PS: Was es noch für Lungenspülungen gibt, vor allem interessanterweise auch solche, die man zu Hause durchführen könnte(!), weiß ich – oh großes Geheimnis – immer noch nicht.
Vielleicht sowas?
Oder im Schwein?
Das Heim-Spülgerät habe ich leider nicht wiedergefunden...
PPS: Leider konnte ich kein Foto oder gar interessantes Video von diesem Ausflug mitbringen, da, wie schon berichtet, mein kleines digitales Spielzeug geklaut wurde.
Pech gehabt.
PPPS: Ach, habe ich gar nicht berichtet? Na dann wissen es jetzt alle:
Die Knipse is weg. Musse neue kaufn.
PPPPS: Hier ein paar Berichte von teilweise völlig verschiedenen Erfahrungen mit dem oben beschriebenen Eingriff...
Neuköllner Alphabet
vor 2 Tagen
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