Ich habe ein altes Bündel Luftballondraht gefunden. Hoffnungslos ineinander verhakt. Und die erinnerten mich prompt an einen meiner seltsamsten Aushilfejobs.
Ich war jung und brauchte das Geld und hatte mich bei Hertie in der Karl-Marx-Straße als Luftballonaufbläserin verdingt. Damals gab es neben Sommer- und Winterschlussverkauf und "Weißer Woche" (hatte nix mit Skifahren, sondern mit Bett- und Tischwäsche zu tun!) auch noch Kindertage und ich durfte nun für diese Veranstaltung und vier Mark die Stunde, acht Stunden am Tag, zwei Wochen lang mit einem Kompressor Ballons aufblasen. Soweit sogut. Was ich vor Antritt dieses Jobs nicht bedacht hatte: Jeder Ballon brauchte einen Knoten, denn das knotenfreie Patent existierte entweder noch gar nicht, oder es hatte sich zumindest noch nicht bis hierher verbreitet.
Nach dem ersten Tag hatte ich jede Menge Blasen an den Fingen, nach dem zweiten kam auch schon mal Blut. Am dritten stellte ich fest, dass die Pflaster einerseits nicht reichten und ich mal eben rüber auf die andere Straßenseite zum Pflastermann vor der Post müsste. Der rief nun schon seit Jahren "Plaster bitte!", das "f" war ihm schon lange verloren gegangen und so klang es eher wie "Platz da, bitte!"- und hielt dabei meterlange Streifen von Wundpflaster in die Luft und vielleicht sollte ich ihm endlich mal einen Meter abkaufen.
Andererseits kann man mit Pflastern an den Fingern keine Knoten in Luftballongummi machen und so blieb mir irgendwann nichts anderes übrig, als den Job vorzeitig aufzugeben.
Neuköllner Alphabet
vor 1 Tag
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